Historie
Trading-Down der Ladenstraße nach 30 Jahren
Nach seiner Erbauung hat sich das Bild der Olympiadorf-Ladenstraße mit der Zeit gewandelt: In den ersten 20 Jahren war eine Vielzahl von kleinen Läden angesiedelt, wie Kinderkleider, Schuhgeschäft, Handarbeitsladen, Kleiderboutique, Bäcker, Drogerie und natürlich Lebensmittel.
Seit Mitte der 90er Jahre kann eine Konzentration auf bestimmte Branchen festgestellt werden, sowohl in der Größe von Lebensmittelläden als auch in den vertretenen Branchen. So erstreckt sich der größte Lebensmittelanbieter über zwei Ladeneinheiten, 2008 gab es vier Bäcker, drei Friseure, drei Internetcafés.
Häufige Geschäftsbetreiberwechsel mit sinkendem Niveau, die gleichartigen Strukturen und schmutziger Bodenbelag minderte die Attraktivität der Nahversorgungszone des Olympiadorfes. (Dorfbote Nr. 80/2007 zum Strukturproblem und Aufruf zur Mitarbeit in der Ladenstraßengruppe).
Ab 2007 eruierte die Einwohner-Interessen-Gemeinschaft Olympisches Dorf e.V. (EIG) in einem langjährigen Projekt die Ursachen des Niedergangs der Olympiadorf-Ladenstraße:
Bedingt durch monotone Strukturen können die Konsumenten nur einen geringen Anteil der Alltagseinkäufe im Dorf verrichten. Einkäufe werden nach außerhalb des Dorfes verlagert, dabei wird der Umstände halber der ganze Bedarf gedeckt (Kopplung); der Gewinn der im Dorf ansässigen Geschäfte geht zurück, so dass es zu Qualitätsminderung bis hin zur Ladenschließung kommt. So hat sich der Mieterwechsel in den Jahren 2000-2010 im Vergleich zu den ersten 20 Jahren verdreifacht: pro Jahr heißt die Ladenstraße drei neue Mieter willkommen. Zuvor war es ein Mieter in der gleichen Zeitspanne. (Trading-Down-Mechanismus im Dorfboten Nr. 82/2008, Seite 8 und Seite 9)
Diesen Prozess einer nach unten gerichteten Spirale – Verminderung des Warenangebots – Abwanderung der Klientel – Schließung von Läden – Suche nach einem Mieter, der zahlungskräftig ist – weitere Verminderung des Warenangebots in Qualität oder Quantität – wird in der Fachbranche als „Trading-Down“ bezeichnet. Die nicht genutzte Zone wird von den Menschen unbewusst verschmutzt und so als „Müllplatz“ gekennzeichnet, was die Attraktivität als Einkaufspassage weiter senkt.
Hinzu kommt der Wandel im Einkaufsverhalten: Der moderne Einkäufer sucht nicht einen einzelnen Laden auf, sondern das „Einkaufserlebnis Olympiadorf -Ladenstraße“. Dieses Verhalten erklärt den Aufstieg von zentral gemanagten Einkaufszentren wie dem OEZ (OlympiaEinkaufsZentrum), in denen die Läden die im Äußeren einheitlich auftreten (müssen). Im Innern präsentieren sich heutige Geschäfte mit großzügigen Einkaufsflächen. (Ladenstraßenvergleich im Dorfboten Nr.82/2008, Seite 10 und Seite 11)
Daneben gibt es altbekannte Konstanten: Ankergeschäfte – Supermärkte und Drogerien für den täglichen Bedarf – bringen die Kundenfrequenz, von der umliegende Geschäfte wie Schreibwaren, Bäckereien, Metzger usw. profiteren. Günstige Geschäftskombinationen – z.B. Blumen- und Pralinen/Geschenkeladen, Zeitungen, Bäcker, Tabak – ermöglichen so genannte Kopplungs- bzw. Kettenkäufe.
Neuer Schwung
Die EIG Einwohner-Interessen-Gemeinschaft hat in ehrenamtlicher Arbeit dazu beigetragen, dass ein Bewusstsein für diese Zusammenhänge entsteht. (Dorfbote 83/2009 über den Ladenbetreibertreff und Sanierungsplan durch die ODBG und Dorfbote 85/2010, Politik der kleinen Schritte Seite 1 und Seite 2, Dorfbote 86/2010, Ladenstraßenkarussell und Medicenter).
Eine freundliche Ladenstraße bedeutet mehr Umsatz und damit einen stabilen bzw. steigenden Wert für die Wohnungen und Gewerbeeinheiten (Dorfbote 84/2009, Kirchplatzeinweihung). Die EIG hat verschiedene Studien und Befragungen durchgeführt, sowie Vorgaben zur optischen Gestaltung erarbeitet. (Studien: Dorfbote 83/2009 mit Wandel im Bevölkerungsbewusstsein und Befragungsergebnissen; Optik: Dorfbote 87/2010, Ladenstraßensanierung Seite 1 und Seite2)
Die Umsetzung von Vorgaben und Ideen ist in der Ladenzone jedoch schwierig, weil die Anzahl der Partner groß ist, die für eine Verbesserung mobilisiert werden müssen: Die 36 Ladeneinheiten mit ihren Betreibern gehören 25 Eigentümern. Involviert sind drei Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) für die Verwaltung der drei Häuser, in denen sich die Geschäfte befinden, und die Betriebsgesellschaft ODBG mit der Pflege der Fußgängerwege im Olympiadorf, u.a. in der Ladenstraße. (Dorfbote 85/2010)
Nachhaltiger Einfluss und Steuerung des Ladenbesatzes kann daher nur durch vereinfachte Eigentumsverhältnisse ausgeübt werden (Dorfbote 85/2010 mit Erläuterung zum Branchenmix). Hieraus entstand die Idee der Gründung einer Bürgergesellschaft zum Erwerb der Geschäftseinheiten in der Ladenstraße. (Dorfbote 88/2011, Bürgergesellschaft)